50 Jahre Eingemeindung - Neckarhausen - Rhein-Neckar-Zeitung

Diesen Ort trennen Bundesstraße und Bahn – Dennoch hat sich Neckarhausen zum prosperierenden Stadtteil Neckarsteinachs entwickelt – Über dem Dorf stand einst auch eine Burg

Neckarsteinach-Neckarhausen. (iz) Vor 50 Jahren führte die große Gebietsreform in Hessen dazu, dass die Gemeinden Darsberg, Grein und Neckarhausen nach Neckarsteinach eingemeindet wurden. Ihnen widmet sich die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) mit ihrer Serie „50 Jahre Eingemeindung“. Sie blickt in die Geschichte zurück und hat auch ein Auge darauf, wie sich diese kleinen Orte seit 1971 entwickelt haben. Zum Serienabschluss heute im Mittelpunkt: Neckarhausen.

50 Jahre Eingemeindung

Nicht so idyllisch wie Darsberg und Grein liegt das dritte 1971 nach Neckarsteinach eingemeindete Dorf Neckarhausen. Im Gegenteil: Die Eisenbahnstrecke und die Bundesstraße B 37 durchziehen die fünf Kilometer neckaraufwärts gelegene Gemeinde und trennen den Ort in ein Ober- und ein Unterdorf.

Nur wenige Jahre später als die Kerngemeinde Neckarsteinach (1142) wird „Husen“ (bei den Häusern) in einer Urkunde von 1150 zum ersten Mal erwähnt: Der Speyerer Bischof Gunter schenkt „sein Gut in Husen und Michelbuch“ dem 1142 gegründeten Kloster Schönau. Unter der Herrschaft der Zisterzienser erhält „Husen“ den Status einer Grangie, also eines Wirtschaftshofs. Gleichzeitig untersteht es aber auch dem Hochgericht der Herren von Hirschhorn. Kirchlicherseits gehörte es zur Hirschhorner Pfarrkirche in Ersheim, wo die Einwohner von „Husen“ auch begraben wurden.

In der Reformation fand die lutherische Lehre auch in Neckarhausen viele Anhänger. Und als das Kloster Schönau 1558 vom Pfälzer Kurfürsten aufgelöst wurde, geriet der Ort unter die Herrschaft der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau, der bis heute große Teile der regionalen Wälder gehören.

Die nächste große Veränderung entstand durch den von Napoleon veranlassten Reichsdeputationshauptschluss 1803. Neckarhausen kam an das fürstliche Haus Hessen-Darmstadt und wurde der Stadt Neckarsteinach zugeschlagen. Es war zwar noch eine selbständige Gemeinde mit circa 130 Einwohnern, aber der Ortsbeirat akzeptierte mit wenigen Ausnahmen den Neckarsteinacher Bürgermeister als Dorfoberhaupt in Personalunion.

Ab 1803 ist auch die ständige Nutzung eines Fährnachens – ein flaches Boot – bekannt, denn die Neckarhausener hatten Äcker auf der südlichen Seite des Neckars angelegt, was eine ständige Überfahrmöglichkeit erforderte. Ab 1837 wurden auch Fuhrwerke über den Neckar transportiert. Heute kann die Neckarfähre bis zu acht Autos tragen. Sie ist ein wichtiger Verkehrsträger und verbindet sowohl die Orte Neckarhausen und Neckarhäuserhof als auch Hessen mit Baden-Württemberg.

Durch die Eröffnung der zunächst noch eingleisigen Eisenbahnstrecke zwischen Heidelberg und Eberbach 1879 erhielt Neckarhausen einen Bahnhof. Auch die erste Schule entstand im gleichen Jahr direkt an der Staatstraße (heute B 37). Dank der Neckarfähre konnten hier auch die Kinder aus dem gegenüberliegenden, damals noch Finsterbach genannten Ort zur Schule gehen. Seit 1866 gibt es das „Gasthaus zum Lamm“, viele Jahre lang beliebter Treffpunkt der Neckarhausener; heute halten hier die PS-starken Motorräder.

Die alte Schule mit dem charakteristischen Glockenturm musste 1969 dem Ausbau der Bundesstraße weichen und wurde abgerissen. Allerdings war schon 1958 eine neue Schule oben am Wald in der Schulstraße errichtet worden. Aber auch diese verlor mit der Eingemeindung ihre Funktion; das Gebäude dient nun als Dorfgemeinschaftshaus, in dem auch die Sitzungen des Ortsbeirats stattfinden. Die Kinder werden zur Schule in Neckarsteinach gebracht.

Eine wichtige Rolle im Dorfleben bildete immer die Freiwillige Feuerwehr, die schon 1913 von Heinrich Nollert gegründet wurde, der 40 Jahre lang ihr Kommandant war. Ab 1997 bis 2018 übernahm Ulrich Müller dieses Amt und engagierte sich gleichzeitig bis heute als Ortsvorsteher des Stadtteils.

Die im „Grenzänderungsvertrag“ von 1971 von der Kernstadt Neckarsteinach zugesagten Investitionen wurden nach und nach erfüllt: Eine neue Friedhofshalle konnte 1982 eingeweiht werden. Schon zwei Jahre vorher war der dazugehörende Glockenturm errichtet worden, in dem die Glocken aus dem 1969 abgerissenen Schulgebäude heute jedes Begräbnis begleiten und damit eine neue Funktion gefunden haben.

Eine neue Leitung von den Quellen des Lanzenbachs in den Ort sowie eine Entsäuerungsanlage sichert die Trinkwasserversorgung. Auch die Baulandumlegung der „Krummen Äcker“ sowie der Ausbau der Schulstraße sind erfolgt. Dadurch gibt es viele Neubauten in dem Stadtteil und die Bevölkerung stieg aktuell auf rund 300 Menschen.

2001 wurde die „Interessengemeinschaft Neckarhausen“ (IGN) gegründet, in der sich Michael Lipschitz besonders engagierte. Seiner Hartnäckigkeit war es zu verdanken, dass 2004 an dem geheimnisvollen Schlosshügel drei Kilometer oberhalb des Dorfes gegraben werden durfte. Als fachmännischer Archäologe konnte Matthias Klefenz von der Universität Bamberg gewonnen werden. Fast das ganze Dorf beteiligte sich damals an dem spannenden Vorhaben als Grabungs- oder Verpflegungshelfer.

Tatsächlich konnte der Teil einer mittelalterlichen Ringmauer, ein hervorragend behauener Eckquader, freigelegt werden. Er ließ die Aussage zu, dass hier im 11. Jahrhundert – also noch vor dem Bau der vier Neckarsteinacher Burgen – ein achteckiger Wohnturm gestanden hatte. Aus unbekannten Gründen wurde er aber schon nach wenigen Jahrzehnten wieder niedergelegt – und über die Bewohner ist so gut wie nichts bekannt. Es soll die älteste Burg im unteren Neckartal gewesen sein. Der ihr zugesprochene Name „Hundheim“ ist allerdings reine Fantasie.

Heute ist Neckarhausen ein prosperierender Stadtteil. Viele Neubürger beteiligen sich am Vereins- und Dorfleben, und es hat sich ein neues Gemeinschaftsgefühl entwickelt.

Elisabeth Hinz

(Veröffentlicht in der Rhein-Neckar-Zeitung, Jahrgang 77, Ausgabe 53 vom 5. März 2021)