Ansprache des Ortsvorstehers Ralf Edelmann anlässlich des Volkstrauertages 2006

 

 

Volkstrauertag – Nehmen wir die Bedeutung wörtlich: Ein Volk trauert, Neckarsteinach trauert, Darsberg trauert, eine Familie trauert. Trauer beinhaltet als Kernaussage immer den Aspekt der persönlichen Betroffenheit. Nur wer das in direktem Zusammenhang mit der Trauer stehende Leid kennt bzw. nachempfinden kann, nur der ist zu wahrer Trauer fähig.

 

Lassen sie uns die mit dem heutigen Tag verbundene Trauer am Beispiel Darsberg exemplarisch auf das Einzelschicksal herunter brechen. Wie fast alle Familien in Darsberg blieb auch meine Familie von den Schrecken des zweiten Weltkrieges nicht verschont. Ich musste mir im Rahmen der Vorbereitung auf die heutige Veranstaltung eingestehen, sich bisher mit dem hiermit in direktem Zusammenhang stehenden, und in seiner Tragweite unfassbaren Leid in letzter Konsequenz nicht auseinander gesetzt zu haben.

 

Können wir, die wir von den Schrecken des letzten Krieges verschont geblieben sind uns überhaupt des Schmerzes vergegenwärtigen, welcher mit der Nachricht verbunden ist, dass ein Ehemann, ein Vater, ein Bruder dem Kriegsgeschehen zum Opfer gefallen ist? Welche Tragik und welches Leid ist mit dem Tatbestand verbunden, dass eine Familie gegründet, ein Haus gebaut, aber die gemeinsame Lebensplanung verwehrt wurde, dass das einzige Kind gefallen und somit der Fortbestand der Familie nicht mehr gewährleistet ist, dass eine Familie mit einem, zwei, ja mit bis zu 5 Kindern ohne soziale Absicherung den einzigen Ernährer verloren hat.

 

Hiermit sind unweigerlich aber auch Fragen an uns alle verbunden: Welche Rolle kam der Frau in der damaligen Zeit zu, die bereits in jungen Jahren Witwe wurde und für das wirtschaftliche aber auch soziale Überleben der Familie fortan alleine einstehen musste? Welcher Belastung muss das soziale Gefüge einer kleinen Gemeinde wie Darsberg in anbetracht der vielen Opfer in ihrer Gesamtheit ausgesetzt gewesen sein? Und - wären wir selbst mit all den sozialen Errungenschaften der heutigen Zeit überhaupt noch in der Lage, dies alles gemeinsam zu bewältigen?

 

Schicksale und Fragen, die uns das Leid und den Schrecken der beiden Weltkriege bezogen auf Darsberg vergegenwärtigen und mit Herz aber auch Verstand für uns alle nachempfindbar und erlebbar machen. Nur wenn es uns in Darsberg wie überall in der Welt gelingt, aufbauend auf den Erfahrungen der Vergangenheit und des konkreten Leides des Einzelfalles, Ähnliches für alle Zukunft auszuschließen, nur dann waren das Leid und die Opfer der Vergangenheit auch in Darsberg nicht vergebens. Und nur dann behält eine Veranstaltung wie die heutige auch in Zukunft, wenn keiner der direkt Betroffenen noch unter uns weilen wird, ihre Berechtigung wie auch ihre immergültige Aktualität.

 

Eine Familie trauert, Darsberg trauert, Neckarsteinach trauert, ein Volk trauert. In letzter Konsequenz muss jedoch als Ergebnis der Trauer eines ganzen Volkes auch für uns Darsberger die Erkenntnis stehen: Wir sind das Volk! Ein friedliches Miteinander aller Menschen, Rassen, Religionen und Nationen liegt in unser aller Denken und Handeln begründet. Jeder Einzelne von uns ist gefordert für eine bessere, friedlichere und in jeglicher Hinsicht humanere Welt einzutreten, und sei es nur im täglichen Miteinander einer kleinen Gemeinde wie Darsberg. So schließt sich das Band der Geschichte von der Vergangenheit, über die Gegenwart, in die Zukunft, vom Einzelnen auf das globale Ganze. Möge der Friede der letzten 60 Jahre uns Allen auch in Zukunft erhalten bleiben!

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Versuchen wir gemeinsam und in Demut an Hand des Leides und der Schrecken, die der 2. Weltkrieg auch nach Darsberg gebracht hat, dieses Vermächtnis zu verinnerlichen. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal der Namen, der in Darsberg dem Schrecken des 2. Weltkrieges zum Opfer gefallenen Mitbürger. Lassen Sie uns in einem Moment der Stille Ihrer gedenken, wohl wissend, dass sie symbolisch für das Leid und die Opfer aller Kriege, allen Terrors und allen Hasses in der Welt stehen  -  unabhängig von Raum und Zeit.